Nach einer mehr als einjährigen Pause gehöre ich nun also auch wieder zur arbeitenden Bevölkerung. Wie die Jobsuche gelaufen ist, wie mir mein Job gefällt und welche Unterschiede es zum deutschen Arbeitsleben gibt, erzähle ich euch in diesem Beitrag.
Die Stellensuche
Seit ich mich für das Studium (davon habe ich in diesem Beitrag näher berichtet) eingeschrieben habe, war ich auf der Suche nach einem Teilzeitjob. Zum einen gehen meine finanziellen Reserven ja irgendwann auch mal zu Ende und zum anderen wäre ein bisschen Arbeitserfahrung in Neuseeland für die anschließende Suche nach einem Vollzeitjob sehr hilfreich.
In den Wochen vor Studienbeginn war ich noch recht aktiv auf der Suche. Als es dann aber mit den Veranstaltungen und Assignments losging, habe ich die Stellensuche immer weiter aufgeschoben und mich irgendwann auch ganz bewusst dazu entschieden, mich erst einmal auf’s Studium zu konzentrieren und mit der Jobsuche bis zu den Ferien zu warten. Mitte Mai war es dann endlich so weit: Die letzte Vorlesung des ersten Trimesters war vorbei und fast drei Wochen Ferien lagen vor uns. Die Zeit habe ich u. a. genutzt, um viel zu schlafen, mich mal wieder öfters mit Freunden zu treffen, mehr zu unternehmen etc. Ein wichtiges Ziel war aber auch, bis zum Ende der Ferien einen Job zu finden. Und das war gar nicht so einfach…
Hilfreiche Websites für die Jobsuche
Die bekanntesten Jobportale in Neuseeland sind Indeed, Seek und Trade Me. Es gibt aber auch spezielle Portale für einzelne Bereiche. Wer z. B. für wohltätige Organisationen oder generell in “ethischen” Jobs arbeiten möchte, könnte bei Do Good Jobs fündig werden und für den künstlerischen Bereich gibt es die Seite The Big Idea.
Und dann gibt es natürlich auch hier zahlreiche Recruiter (Jobvermittler) wie z. B. Adecco, Beyond Recruitment, Hays, Madison, Randstad und Robert Walters.
Es gibt aber auch Agenturen, die speziell Ausländern bei der Jobsuche helfen. Eine Liste, sortiert nach Regionen gibt’s hier.
Die meisten dieser Seiten haben außerdem Tipps zu Anschreiben, Lebenslauf, Vorstellungsgespräch etc. Allerhand Tipps rund um die Jobsuche in Neuseeland gibt’s außerdem auf der staatlichen Seite Careers NZ und auf den Seiten der einzelnen Regionen des Landes (z. B. Wellington).
Ach ja und ein Profil bei LinkedIn wird auch gerne gesehen.
Wie ihr seht: Hilfreiche Seiten und Infos gibt’s genug 🙂 Das kann aber auch gerade zu Beginn alles etwas überwältigend werden…
Hürden für die Jobsuche
Wie einfach bzw. schwer es ist, hier einen Job zu finden, hängt natürlich ganz wesentlich von dem Beruf ab, den man ausüben möchte. Dann ist aber auch die eigene Visumssituation ausschlaggebend und auch wie man die Jobsuche angeht, also ob man bei Unternehmen direkt anklopft oder doch lieber Stellenanzeigen durchstöbert und Bewerbungen abschickt. Und Kontakte sind wichtig: “Vitamin B” spielt in der neuseeländischen Berufswelt eine ganz wichtige Rolle!
Das Problem mit der Berufserfahrung in Neuseeland
Insgesamt habe ich mich mit der Jobsuche recht schwer getan. Zunächst einmal habe ich einen Job im Rechnungswesen gesucht und auch wenn es viele Stellenanzeigen in diesem Bereich gibt, so habe ich das Gefühl, dass es hier auch verdammt viele Buchhalter und Accountants gibt. Es ist also nicht so, als ob die Arbeitgeber in diesem Bereich so händeringend Leute suchen, dass sie bereit wären, den Bewerbern groß entgegen zu kommen und Abstriche bei ihren Ansprüchen zu machen.
So hatte ich häufig das Gefühl, gegen neuseeländische Bewerber keine Chance zu haben. Wenn es überhaupt zu einem persönlichen Gespräch kam (was äußerst selten war) wurde eine Checkliste abgearbeitet und da ich keine Arbeitserfahrung in Neuseeland vorweisen kann, mit der hier gängigen Software noch nicht gearbeitet habe und nicht schon ganz genau das gemacht habe, was in der Stellenbeschreibung aufgeführt war, hat man sich dann doch immer für jemand anders entschieden, der besser das gewünschte Profil erfüllt. Ganz schön frustrierend 🙁
Ich habe mich wirklich in die Zeit meines ersten Studiums in Deutschland zurückversetzt gefühlt. Da haben auch die meisten Arbeitgeber nach Leuten mit mehrjähriger Arbeitserfahrung gesucht und man hat sich gefragt, wie man Erfahrung sammeln soll, wenn einem keiner ’ne Chance gibt. Man kann leider nicht direkt mit Arbeitserfahrung in die Arbeitswelt einsteigen. Damals habe ich dann aber glücklicherweise sehr schnell einen Arbeitgeber gefunden, der Bewerber mit Arbeitserfahrung oder motivierte Berufseinsteiger gesucht hat 🙂 Die fast sieben Jahre Berufserfahrung, die ich dort sammeln konnte, zählen hier leider als Neuling im Land nicht so viel 🙁
Dabei spreche ich allerdings nur für meinen Berufsbereich. Das mag in anderen, leichter international übertragbaren, Bereichen, in denen vielleicht auch noch ein Mangel an passenden Bewerbern herrscht, natürlich anders aussehen.
Das Problem mit dem Visum
Bevor ich mich für’s Studium eingeschrieben habe, kam dann noch die ungünstige Visumssituation hinzu: Ich hatte nur ein Touristenvisum, mit dem ich nicht arbeiten durfte. Ein Arbeitsvisum hätte ich nur mit einem vorliegenden, geeigneten Jobangebot bekommen können. An dem Punkt haben viele potenzielle Arbeitgeber spürbar das Interesse verloren. Und auch die Agenturen, die Ausländern bei der Jobsuche helfen, haben mich da hängen lassen: Sie dürfen nur Leuten helfen, die schon eine Arbeitserlaubnis vorliegen haben. Das war schon alles ein bisschen zum verrückt werden…
Das sieht inzwischen immerhin alles besser aus: Mit meinem Studentenvisum darf ich 20 Stunden pro Woche arbeiten 🙂
Anklopfen, anrufen oder doch ’ne Bewerbung abschicken?
Mir wurde immer wieder geraten, einfach bei den Unternehmen vorbeizugehen oder auch bei ausgeschriebenen Stellen erst mal anzurufen, um mich von anderen Bewerbern abzuheben. Da muss man aber auch ein bisschen der Typ für sein 😉 Am Telefon verstehe ich die Leute häufig schlecht und ich hatte die Befürchtung, es mit einem solchen Anruf eher schlimmer als besser zu machen. Ich hatte mir allerdings vorgenommen, bei einigen Unternehmen mit meinem Lebenslauf bewaffnet vorbeizugehen. Dazu ist es dann letztendlich aber nicht mehr gekommen 🙂
Und dann hat es doch noch geklappt… Mit Vitamin B
In den Ferien hatte ich nun meinen Lebenslauf noch einmal überarbeitet, einige Bewerbungen abgeschickt und war schon drauf und dran, bei einigen Unternehmen vorbeizugehen und mich außerdem auf alle möglichen Aushilfsjobs auch außerhalb des Rechnungswesens zu bewerben, als mich eine Freundin gerettet hat. Ganz im Kiwi-Style hat sie nämlich den Kontakt zwischen mir und einer ihrer Freundinnen hergestellt. Und ihre Freundin ist jetzt meine neue Chefin 🙂
Mein neuer Job
Ich kann meiner Freundin gar nicht genug für diese Unterstützung danken! 🙂 Nicht nur ist jetzt die lästige Jobsuche vorbei, sondern ich arbeite auch noch für ein Unternehmen, mit dem ich mich voll und ganz identifizieren kann :-).
Der Job ist eine ganz neue Erfahrung: Das Unternehmen an sich steht für Werte, die mir wichtig sind, wirklich alle Leute sind total nett und freundlich im Umgang miteinander, über alle Hierarchieebenen (und davon gibt es nicht so viele) hinweg und ich fühle mich bereits als Teil dieses tollen Teams 🙂
In diesem Familienunternehmen sitzt das Accounting- und Sales-Team im Büro zusammen mit den Unternehmensgründern und der Unternehmensleitung. Man geht ganz ungezwungen miteinander um und ich wurde mit offenen Armen ins Team aufgenommen 🙂 Hier haben auch Unternehmensgründer und CEO Küchendienst, räumen die Spülmaschine ein und aus und kochen Kaffee und Tee für andere Teammitglieder. Habe ich so noch nicht erlebt 🙂 Neben ’ner großen Auswahl an Heißgetränken bekommen wir übrigens außerdem Brot, Aufstrich, Obst, Öl, Salz, Pfeffer etc. gestellt.
In einem Uni-Seminar haben wir die Tage noch über Mitarbeitermotivation gesprochen und ich konnte direkt einiges zu dem Thema beitragen, indem ich Vergleiche zwischen meinem jetzigen Job und bisherigen Jobs gezogen habe 😉
Auch nachdem die Jobsuche vorbei ist, fühle ich mich in die Zeiten meines Studiums in Deutschland zurückversetzt: Nicht nur studiere ich wieder, auch mein Job erinnert mich an den Nebenjob, den ich damals in einer Steuerberatungskanzlei hatte. Die Aufgaben sind ähnlich und die Bezahlung auch 😉 Und dennoch bin ich äußerst motiviert und setze alles dran, dass wir als Team unsere Ziele erreichen. Ja, so motiviert man Mitarbeiter 🙂
Sich so in vergangene Zeiten zurückversetzt zu fühlen, ist übrigens nicht unbedingt negativ. Das geht nämlich auch mit dem Gefühl einher, wieder ein bisschen jünger zu sein 😉 Mein Eindruck ist aber auch, dass man es in diesem Unternehmen gerne sieht, dass Mitarbeiter sich hocharbeiten und mir wurde bereits angekündigt, dass sich mein Aufgabenbereich mit der Zeit erweitern wird.
Was auch toll ist: Ich habe keine festen Arbeitszeiten, sondern wir schauen relativ spontan wie viel Hilfe sie brauchen und wie viel Zeit ich habe. Und vor 9 Uhr morgens stehe ich grundsätzlich nicht zur Verfügung. Das finde ich schon mal sehr angenehm 🙂 Das Büro ist auch nicht weit von der Uni entfernt und ich kann sowohl zur Arbeit als auch von dort zur Uni laufen.
Des Weiteren habe ich einen sensationellen Blick vom Büro aus: Ich gucke auf’s Meer, genauer gesagt auf die Oriental Bay. In meiner Mittagspause spaziere ich dann auch gerne mal an der Waterfront entlang. Herrlich 🙂
Zusammenfassend kann ich also sagen: Ich bin sehr glücklich mit meinem neuen Job 🙂
Unterschiede im Arbeitsalltag
Wie in vielen Lebensbereichen ist auch im neuseeländischen Arbeitsalltag vieles ähnlich wie in Deutschland. Aber es gibt auch Unterschiede.
Das Arbeitsklima
Wie bereits erwähnt ist das ganze Arbeitsklima eine neue Erfahrung für mich. Einiges mag auch einfach daran liegen, dass es ein kleines Familienunternehmen ist, während ich bisher eher für große Unternehmen gearbeitet habe. Einiges liegt mit Sicherheit auch speziell an diesem Unternehmen. Und der Rest ist dann wohl typisch für Neuseeland 🙂
Lisa, meine Mitbewohnerin, fand es z. B. ganz normal, dass man für andere ’nen Kaffee oder Tee mitkocht, ohne Rücksicht auf Hierarchieebenen.
Dann macht es natürlich schon Vieles einfacher, dass man sich hier mit Vornamen anspricht und es das lästige “Sie” nicht gibt. Ich habe Lisa die Tage noch erläutert, wie kompliziert das mit dem Duzen und Siezen gerade im Arbeitsalltag werden kann 😉
Hinzu kommt, dass Kiwis ja auch einfach grundsätzlich ein offenes, freundliches und gesprächiges Völkchen sind. Da findet sich immer wieder Zeit für ein kleines Pläuschchen und das macht das Einleben sehr viel einfacher.
Ähnlich wie im Studium ist übrigens auch unser Team im Büro recht multikulturell zusammengesetzt und ich bin nicht die einzige Ausländerin. Das fällt hier ja echt auf: Ich bin noch nie so viel mit fremden Kulturen in Kontakt gekommen :-).
Das Arbeitsrecht
Es gibt aber auch einige Unterschiede hinsichtlich des Arbeitsrechts und sonstiger Regelungen rund um’s Arbeitsleben.
Gehaltszahlungen gibt’s hier häufig wöchentlich oder alle zwei Wochen, in manchen Jobs aber auch wie in Deutschland monatlich. Da ich ohne permanent residency (dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung) noch kein vollwertiges Mitglied der neuseeländischen Gesellschaft bin und damit nicht in den KiwiSaver (Altersvorsorge) oder die ACC (Unfallversicherung) einzahlen kann bzw. muss, wird von meinem Gehalt nur die Lohnsteuer (PAYE = paye as you earn) abgezogen. Für die gelten die folgenden Sätze, welche auf die jeweiligen Gehaltsteile angewendet werden:
- Bis $14.000: 10,5%
- $14.000 — $48.000: 17,5%
- $48.000 — $70.000: 30%
- Über $70.000: 33%
Wer z. B. $50.000 pro Jahr verdient, der zahlt 10,5% für die ersten $14.000 (= $1.470), 17,5% für die nächsten $34.000 (= $5.950) und 30% auf die verbleibenden $2.000 (= $600), was $8.020 bzw. 16,04% des Gesamteinkommens ergibt. Ne kalte Progression gibt es damit nicht.
Alle weiteren Infos zu Steuerangelegenheiten findet ihr bei Inland Revenue.
Ne Probezeit ist hier auch üblich, mit i. d. R. bis zu drei Monaten aber tendenziell ein bisschen kürzer als in Deutschland, würde ich sagen.
Auch die Kündigungsfristen (und das gilt nicht nur für Arbeits‑, sondern z. B. auch für viele Mietverträge) sind hier in der Regel kürzer als in Deutschland. Meine beträgt z. B. nur eine Woche. Ist natürlich doof, wenn einem gekündigt wird. Wenn man sich aber so wie ich grundsätzlich nicht gerne mit langfristigen Verträgen bindet, hat das auch seine Vorteile 🙂
Nachdem man sechs Monate durchgängig für einen Arbeitgeber gearbeitet hat, stehen einem je nach Vertrag mindestens fünf bezahlte Krankheitstage pro Jahr zur Verfügung. Wenn man gut verhandelt hat, können das aber auch schon mal ganze zehn Tage sein. Das ist schon echt ein krasser Unterschied zu Deutschland!
Arbeitnehmern stehen hier mindestens vier Wochen bezahlter Urlaub (annual leave) zu, zu denen noch elf Feiertage hinzukommen. Ich glaube, über die vier Wochen gehen hier im Gegensatz zu Deutschland wenige Arbeitgeber hinaus :-(. Für casual worker wie mich, die also keine festen Arbeitstage haben, gibt es ’ne ganz gute Möglichkeit: Wir bekommen zusätzlich zu unserem Stundenlohn einen Aufschlag, der für den Urlaub entlohnt und können dafür jederzeit unbezahlt freie Tage nehmen.
Das ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus den Regelungen rund um’s Arbeitsleben in Neuseeland und hauptsächlich aus meiner Perspektive. Mehr Infos findet ihr z. B. auf der Seite der Einwanderungsbehörde.
Jetzt seid ihr jedenfalls mal wieder alle auf dem Laufenden, was hier bei mir so los ist 🙂 Und falls ihr auch vorhabt, zukünftig in Neuseeland zu arbeiten, helfen euch die Infos hoffentlich ein bisschen weiter. Ich freue mich über Feedback 🙂